„Die Fakten sind freundlich“: Effektivität der Gesprächspsychotherapie unter stationären Bedingungen
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Abstract
Fragestellung: Die konzeptionelle Weiterentwicklung und die Überprüfung der Wirksamkeit ist ein Grundanliegen der Gesprächspsychotherapie. Eine Prüfung der Effektivität der stationären Gesprächspsychotherapie ist unter dem aktuellen Kostendruck im Gesundheitswesen von besonderer Bedeutung. In der Essener Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie wurden Therapiekonzepte entwickelt und in empirischen Untersuchungen auf ihre Effektivität überprüft, um mit konkreten Fakten zu dieser Diskussion beizutragen. In prospektiven Studien wurde auch geprüft, ob die Wirksamkeit von „reiner“ Gesprächspsychotherapie zusätzliche Verhaltenstherapie oder Psychopharmakotherapie noch gesteigert werden kann.
Methode: Untersucht wurde die Wirksamkeit eines gesprächspsychotherapeutischen Behandlungskonzepts mit personzentriertem Basiskonzept, Einzel- und Gruppenpsychotherapietherapie, Bewegungs- und Beschäftigungstherapie. In die Untersuchung wurden 371 Patienten mit depressiven Störungen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, somatoformen Störungen, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen (ICD-10-Diagnosen F3 – F6) eingeschlossen. Standardisierte Messungen erfolgten bei Aufnahme in die Klinik, zum Entlassungszeitpunkt und bei der 1-Jahres-Katamnese. Die Behandlungsdauer lag bei 10 –12 Wochen; Als Messinstrumente wurden Fremdratings verwendet wie die Bech-Rafaelsen-Melancholie-Skala (BRMES) und Persönlichkeitstests wie das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R) und der Gießen-Test (GIESS). Verglichen wurde die ausschließliche Gesprächspsychotherapie mit einem zusätzlichen, in der Wirksamkeit gut belegten Behandlungselement, der verhaltenstherapeutischen Reizkonfrontation oder der antidepressiven Medikation.
Ergebnisse: Die stationäre Gesprächspsychotherapie erwies sich als hoch wirksam. Sowohl auf der Symptom- als auch auf der Persönlichkeitsebene wurden signifikante und im weiteren Katamneseverlauf stabile Verbesserungen erzielt. – Entgegen den Erwartungen hatte zusätzliche Verhaltenstherapie bei Panik und Agoraphobie auf der Symptomebene bei Therapieende und bei der Einjahreskatamnese keine zusätzlichen Effekte , führte langfristig aber zu geringeren Veränderungen auf der Persönlichkeitsebene. Auch eine zusätzliche Psychopharmakotherapie führte nicht zu additiven antidepressiven Effekten; sie verzögerte eher die Auseinandersetzung mit Konflikten und war mit erheblichen Nebenwirkungen behaftet.
Diskussion: Die vorliegenden Ergebnisse belegen die hohe Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der stationären Gesprächspsychotherapie. Dies gilt unter kontrollierten Studienbedingungen ebenso wie unter naturalistischen Versorgungsbedingungen. Die Befunde sprechen dafür, dem Therapieverfahren in der vergleichenden Forschung wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen und bei der Abschätzung der Effizienz kurzfristige und langfristige Wirkungen auf der Symptom- und Persönlichkeitsebene und die jeweiligen Risiken und Nebenwirkungen zu beachten.
Zitationsvorschlag
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Gesprächspsychotherapie, Störungsbezogene Gesprächspsychotherapie, Prozess- und Ergebnisforschung, stationäre Psychotherapie